Der Deutsche Kleinempfänger DKE 38

© Norbert Meier im Mai 2018


Veranlassung

Mit meinem Bruder Claus-Dieter (86 J.) telefoniere ich regelmäßig alle drei bis vier Wochen.
Mit seinem sehr guten Erinnerungsvermögen erzählte er mir vor einigen Tagen, wie er als
11-jähriger einen Detektorempfänger gemeinsam mit seinem Nachbarjungen aufbauen konnte.
Außerdem erzählte mir Claus, dass unsere Oma im Jahre 1936 einen Volksempfänger gekauft
hatte, den er auch bedienen durfte, um Fernsender zu empfangen.
Den Volksempfänger von der Oma mit der Bezeichnung VE 301 konnte man damals für 75 RM
kaufen. VE 301 bedeutet (V)olks(e)mpfänger und 301 den Tag der Machtergreifung durch den
damaligen Reichskanzler am 30.1.1933.

Um größeren Personengruppen, auch von der ärmeren Bevölkerung, die Teilnahme am Rundfunk zu
ermöglichen, wurde auf Weisung des Propagandaministeriums der deutsche Kleinempfänger (DKE)
entwickelt. Die Präsentation für die Öffentlichkeit erfolgte auf der Funkausstellung 1938
in Berlin. Der niedrige Preis für den DKE 38 lag bei 35 RM. Das folgende Bild zeigt beide
Radios, den VE 301 und den DKE 38:

Bild 1


Da ich als 14-jähriger Junge um 1957 mit ausgedienten Radios aus der Vorkriegszeit, wie z.B.
den VE 301 und den DKE 38 gebastelt habe, möchte ich im Folgenden den deutschen Kleinempfänger
DKE 38 näher beschreiben. Diesen Bericht widme ich meinem Bruder Claus, der auch die Verbund-
röhre VCL 11 und die Einweg-Gleichrichterröhre VY 2 im DKE 38 kennengelernt hatte.


Die Entwicklung des deutschen Kleinempfängers DKE 38

Die damalige Rundfunkindustrie bekam die Aufgabe, einen sehr preisgünstigen Volksempfänger auf
den Markt zu bringen. Als Empfangsschaltung für das neue Gemeinschaftsgerät kam nur ein zwei-
stufiger Empfänger mit Rückkopplung, Audion und Endstufe in Betracht. Von den 17 vorgelegten
Modellen entschied sich die technische Kommission für das von der Firma C. Lorenz A.-G.
präsentierte Modell, den DKE 38.

Bedienelemente auf der Vorderseite des DKE 38

Auf der Vorderseite des DKE 38 wird mit dem Drehknopf links im obigen Bild die Antennenankopp-
lungsspule zum Spulenkörper für die Mittel- und Langwelle geschwenkt.
In der Mitte befindet sich die drehbare Scheibe mit der weißen und roten Skalenteilung für die
Sendereinstellung. Beim Neukauf des DKE 38 wurde eine Hilfsscala mitgeliefert, die man über
die beiden Bedienknöpfe gestecken konnte.

Bild 2

Die versetzt aufgedruckten Sendernamen, wie z.B. Berlin, Leipzig, Prag, Wien, Nürnberg usw.
liefern die Position auf der Skala.

Der schwarze Drehknopf auf der rechten Seite dient zum Einstellen der Rückkopplung.


Rückansicht des deutschen Kleinempfängers DKE 38

Nachdem die Rückwand abgenommen wird, sieht man die wesentlichen Bauteile:

Bild 3


Schaltpläne vom DKE 38

Im Internet sind eine Vielzahl von Schaltplänen vom DKE 38 zu finden. Im folgenden Schaltplan
ist der Spulensatz mit der Rückkopplungswicklung deutlich eingezeichnet, auch die Stift-
belegung der Röhrensockel von der VCL 11 und der VY 2 sind mit eingezeichnet. Aber die
Audionschaltung und die Endröhrenbeschaltung sind nicht einfach zu erkennen.

Bild 4

Im nächsten Schaltplan ist zu erkennen, dass über einen Kondensator von 100 pF über das Gitter
der Triode die erste Verstärkung erfolgt. Die kapazitive Ankopplung der Endverstärkerröhre ist
dagegen sehr unübersichtlich im Plan eingezeichnet. Auch die Erzeugung der Anodenspannung
ist unübersichtlich.

Bild 5


Ich habe mir daher die Mühe gemacht, einen verbesserten Schaltplan mit Hilfe des Power Point
Programms von Microsoft für den DKE 38 zu zeichnen. Die Schaltung des Audioteils und der End-
stufe sind nun deutlich zu erkennen.

Bild 6


Einzelheiten zu den Bauteilen und ihre Darstellung im Schaltbild

Spulensatz und Drehkondensator 320pF:

Der Spulensatz für Mittelwelle und Langwelle befindet sich in der Nähe des Drehkondensators für
die Senderabstimmung. Der Drehkondensator besitzt eine Exzenterscheibe, die im Skalenbereich
für die Mittelwelle (weißer Skalenbereich) einen Kontaktbügel schließt. Im Schaltplan ist daher
für den Mittelwellenbetrieb der Schalter M geschlossen.

Bild 7

Im obigen Bild sind die beiden Mittelwellenspulen und darunter die Langwellenspule von oben zu
sehen. Nicht sichtbar ist die darunter liegende schwenkbare Antennenankopplungsspule, die auch
als Lautstärkeregelung dient. Der ausgebaute Spulenbausatz sieht wie folgt aus:

Bild 8


Die Verbundröhre VCL 11:

Für den DKE wurde eine Kombiröhre VCL 11 entwickelt, bei der sich die Audion-Triode und die
Lautsprecher-Endstufe in einem gemeinsamen Kolben befinden.
Durch die Nachbarschaft beider Systeme können Schwingungen entstehen. Damit die Röhre nicht
von selbst schwingt, musste ein 30pF-Kondensator von Anode nach Gitter 1 der Endstufe ge-
schaltet werden.
Ein weiteres Problem bereitet die hohe Heiz-Wechselspannung von 90 V. Sie koppelt auf die
Vorstufe mit der Folge von erhöhtem Netzbrummen.

Bild 9


Abschirmblech am Sockel der VCL 11

Eine Abschirmung erwies sich nur für den Gitterkomplex der Audiontriode von der VCL 11 als
notwendig. Der 100 pF Gitterkondensator und der 1 MΩ Ableitwiderstand sind daher durch ein
kleines in der Rückansicht des Gerätes erkennbares Metallkästchen geschützt.

Bild 9a


Einstellung der Rückkopplung:

Die Rückkopplung mit Hilfe des Drehkondensators von 180 pF steigert die Verstärkung der
Audionstufe um den Faktor 10 bis 20 sowie die Trennschärfe durch Entdämpfung des Schwing-
kreises.

Bild 10

Der Drehkondensator von 180 pF befindet sich auf der rechten Frontseite.


Die Einweg-Gleichrichterröhre VY 2

Zur Gewinnung der Anodenspannung dient die für den Empfänger entwickelte Halbweggleich-
richterröhre VY 2 mit indirekter Heizung. Die nachfolgend im Schaltplan zu erkennende Sieb-
kette besteht aus zwei unipolaren Elektrolytkondensatoren mit je 4 µF und einer kleinen
Eisendrossel (Dr).

Bild 11

Die VY 2 ist dem Leistungsbedarf der Empfängerröhre angepasst. Der Heizstrom beträgt ebenfalls
50 mA bei einer Heizspannung von 30 V.


Vorschaltwiderstand im Heizkreis

Im Heizkreis sind beide Röhren VCL 11 und VY 2 in Serie geschaltet. Die Gesamtspannung beider
Röhren beträgt 120 V. Beim Anschluß des Empfängers an Netzspannungen von 110 bis 130 V wird
daher kein Vorschaltwiderstand benötigt. Nur für Netze mit höheren Spannungen von 150 V, bzw.
220 bis 240 V ist ein Vorschaltwiderstand im Heizkreis erforderlich. Wie das Schaltbild und das
nachfolgende Bild zeigen, ist dieser 1,2 kΩ Widerstand mit einer Anzapfung versehen und läßt
sich für 110 V Netzspannung vollständig kurzschließen. Der Widerstandsdraht ist wegen der Wärme-
entwicklung auf einer Tonröhre gewickelt.

Bild 11a


Der Lautsprecher

Der im Empfänger eingebaute Lautsprecher ist das Ergebnis eines Wettbewerbes der Lautsprecher-
fabriken. Mit Hilfe einer moderne Magnetlegierung konnte der Magnet im Lautsprecher sehr klein
gehalten werden. Der Lautsprecher ist ein Freischwinger, bei dem es durch die richtige Dimen-
sionierung der schwingenden Teile, besonders der Membran, gelungen ist, die Tonqualität so hoch
zu treiben, dass sie einem dynamischen Lautsprecher sehr nahekommt.

Bild 12


Weitere Einzelheiten zur Schaltung

Antennenkopplung und Erdung

Die Antennenkopplung ist induktiv und von außen veränderlich an den Schwingkreis gekoppelt.
Die Antennnenspule mit den Anzapfungen A1, A2 ist weder direkt noch kapazitiv mit der übrigen
Empfangsschaltung verbunden. Der dritte Anschluß A3 ist über einen 300 pF Kondensator für
eine lange Drahtantenne vorgesehen. Der Anschluß E ist für die Erdung bestimmt.

Bild 13


Gegenkopplung mit dem 2 MΩ Widerstand

Es ist bemerkenswert, dass sogar bei diesem einfachen Gerät zur Verbesserung der Klangqualität
eine Gegenkopplung vorgesehen wurde. Die Gegenkopplung erfolgt mit einem Widerstand von 2 MΩ
zwischen der Anode des Lautsprechersystems und der Anode des Audions.

Bild 14


Gittervorspannung und Brummkompensation

Da die beiden Systeme in der VCL 11 eine gemeinsame Kathode haben, konnte die Gewinnung der
Gittervorspannung für die Endröhre nicht durch einen Kathodenwiderstand in der Endstufe allein
vorgenommen werden. Zur Herstellung der Gittervorspannung ist zwischen der Bezugsleitung und
dem negativen Pol des Gleichrichters ein 600 Ω Widerstand vorgesehen.
Dabei kann das störende Netzbrummen am 600 Ω Potentiometer auf ein Minimum für das verwendete
Röhrenexemplar herabgesetzt werden.

Bild 15


Schlussbemerkung

Als ehemaliger Radiobastler habe ich die technischen Besonderheiten dieses kleinen Volksempfängers
DKE 38 beschrieben. Der sensationelle Preis von 35 RM wurde 1938 von der politischen Führung gefordert.
Heute darf nicht verschwiegen werden, dass bei diesem Niedrigpreis der Radiokauf auch für die damals
ärmsten Volksschichten erschwinglich war. Es bestand sogar die Möglichkeit, per Ratenkauf von monatlich
2,50 RM den DKE 38 abzahlen zu können.
Das politische Ziel, Propagandasendungen vom NS-Regime in jedem Haushalt zu ermöglichen, war mit dem
DKE 38 erreicht.



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